Sprecher der LAG Erinnerungsarbeit im Saarland Frank-Matthias Hofmann
Geschäftsstelle: Evangelisches Büro Saarland
Saarbrücken, 26.06.2023
Nachruf auf den Pfälzer Historiker Roland Paul
Mit großer Betroffenheit habe ich am Samstag erfahren, dass der Pfälzer Historiker Roland Paul im Alter von 72 Jahren am 24.6.23 nach einem Termin in der Saarpfalz überraschend gestorben ist.
Ich selbst habe ihn bei zahlreichen Begegnungen kennen und schätzen gelernt.
So konnte ich ihn als einen Mitautor an dem Handbuch „Protestanten ohne Protest. Die Evangelische Kirche der Pfalz im Nationalsozialismus“ gewinnen.
Er hat dort das Kapitel über den Antisemitismus der Nationalsozialisten und die kirchliche Haltung zur Judenverfolgung verfasst. Auch hat er mitgeschrieben an dem Kulturreiseführer „Jüdisches Leben in der Pfalz“. Sein Buch „Pfälzer Juden und ihre Deportation nach Gurs“ gehört zu den Standardwerken dieser Thematik. Immer wieder war er in Gurs, wo er akribisch in den Archiven gestöbert hat, ein absoluter Kenner seines Faches.
Da er die CD mit den kompletten Namen der jüdischen Opfer von Gurs für die Pfalz wissenschaftlich aufbereitet hatte, war er auf meine Anfrage hin, spontan bereit, dies auch für die saarpfälzischen und saarländischen Juden zu leisten. An dieser Stelle hat er sehr gut mit der Landeszentrale für politische Bildung im Saarland zusammengearbeitet (wir verweisen auf deren eigenen Nachruf auf www.gurs.saarland.de).
Wie kaum ein anderer hat er die Geschichte der Juden in der Pfalz erforscht. Er war neugierig auf alles, was mit der Pfalz und Saarpfalz und Menschen und ihren früheren Zeiten zusammenhing. Er hat Quellen akribisch aufbereitet. So wurde er zum vielgefragten Ratgeber.
Roland Paul begann seine Arbeit 1967 in der damaligen Heimatstelle Pfalz des Bezirksverbands Kaiserslautern. Nach dem Studium arbeitete er 1978 bis 2016 beim Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, deren Leiter er zuletzt war. Je mehr er Gespräche mit Zeitzeugen führte und immer mehr über die Jahre im Nationalsozialismus erfuhr, umso mehr wurde er zum Anwalt der Opfer: „Ob bei Vortragsveranstaltungen zum französischen Lager Gurs oder bei der Debatte um Menschen mit NS-Vergangenheit, die mit Straßennahmen geehrt worden waren: Er war hartnäckig, wenn es um späte Gerechtigkeit und Wiedergutmachung ging, auch wenn er deswegen wiederholt angefeindet wurde.“ (So die Journalistin Anke Herbert in ihrer Würdigung in der Rheinpfalz vom 26.6.23.)
So wurde über die Jahre Roland Paul der Kopf aber auch das Gewissen der pfälzischen und saarpfälzischen Geschichte. Roland Paul war auch ein profilierter Pfälzer Protestant, der lange Jahre in der Landessynode eine wichtige Rolle spielte. Es ist nicht nur für die Evangelische Kirche der Pfalz und für die Erinnerungsarbeit in der Pfalz und im Saarland ein schwerer Verlust, ich habe auch einen persönlichen Freund verloren, mit dem ich mich jederzeit über die Fragen unseres Genres gewinnbringend austauschen konnte.
Möge er nun das sehen, was er zu Lebzeiten geglaubt hat.
Seiner Familie gilt mein tief empfundenes Mitgefühl.
Die Trauerfeier für Roland Paul findet am Freitag, den 30. Juni 2023 um 15 Uhr in der Prot. Kirche Steinwenden statt.
Frank-Matthias Hofmann, Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Erinnerungsarbeit im Saarland