LAGE fragt nach

15. Feb 2022 – 28. 2022
  • Stellungnahme

Befragung der Parteien im Saarland im Vorfeld der Landtagswahl im März 2022 zum Stellenwert der Gedenk-und Erinnerungsarbeit im Saarland

Befragung der Parteien im Saarland  im Vorfeld der Landtagswahl im März 2022 zum Stellenwert der Gedenk-und Erinnerungsarbeit im Saarland

 

Kurzbewertung der Stellungnahmen der saarländischen Parteien zu den Wahlprüfsteinen der

Landesarbeitsgemeinschaft Erinnerungsarbeit im Saarland

  1. Welchen Stellenwert räumt ihre Partei der Erinnerungsarbeit ein und wie werden sie diese Arbeit zukünftig konkret unterstützen?

Alle Parteien betonen den hohen Stellenwert der Erinnerungsarbeit für das Gemeinwesen allgemein und für die schulische Bildung im Speziellen. Unterschiede sind nicht grundsätzlicher Natur, sondern betreffen eher divergierende Schwerpunktsetzungen und verschiedene ideologische Standpunkte. Während die CDU die Stärkung des demokratischen Rechtsstaats als Ziel hervorhebt, betont Die Linke den Antifaschismus und das historische Lernen. Die FDP sieht in der Erinnerungsarbeit eine kontinuierliche Aufgabe zur Aufarbeitung und Vermittlung und die SPD mahnt eine beständige Beschäftigung mit der Geschichte aller zivilgesellschaftlichen Gruppen an. Bunt.saar und AfD plädieren für eine kritische Beschäftigung mit der Vergangenheit als Grundlage für historisches Lernen.

  1. Wo sehen Sie Handlungsbedarf bzw. wie schätzen Sie die gegenwärtige Lage der Erinnerungsarbeit im Saarland ein?

Die CDU lobt das große Engagement der haupt- und ehrenamtlichen Akteure in der Erinnerungsarbeit. Die politische Aufgabe bestehe darin, sie zu verstetigen und auch finanziell zu fördern. Die Linke plädiert für ein angemessenes Gedenken, wie es durch die „Stolpersteine“ umgesetzt wird. Dazu gehört auch die Streichung belasteter Personen aus dem öffentlichen Gedenken und die Einbeziehung gegenwärtiger Ereignisse. Die FDP möchte die bestehenden Erinnerungsorte durch Öffentlichkeitsarbeit bekannter machen. Die SPD verfolgt das Ziel, die Erinnerungsarbeit dezentral vor Ort zu stärken und neue Formen des Gedenkens zu entwickeln. Es sollten auch neue inhaltliche Schwerpunkte etwa durch die Einbeziehung der Zwangsarbeit in die Erinnerungsarbeit gesetzt werden. Bunt.saar ist für den Ausbau bestehender Angebote der politische Bildung und möchte auch die Kolonialzeit in die Erinnerung einbeziehen. Die AfD möchte Partei- und Erinnerungsarbeit trennen und die Kirchen als Akteure stärker einbeziehen.

  1. Wie stehen Sie zu der Idee, die Gedenkstätte Neue Bremm als einen zentralen Erinnerungsort im Saarland auszubauen?

Diese Frage bezieht sich insbesondere auf bauliche Gegebenheiten, da es vor Ort z.B. an einer witterungsunabhängigen Räumlichkeit fehlt, um mit Schulklassen und Besuchergruppen arbeiten zu können.

Für die CDU ist die Neue Bremm der zentrale Erinnerungsort im Saarland. Es sollen zusammen mit Bund, Land und allen Akteuren der Erinnerungsarbeit weitere bauliche Maßnahmen in Angriff genommen werden. Die Linke begrüßt einen Ausbau der Gedenkstätte, der die Nutzung verbessert und den Ort angemessen widerspiegelt, und will sich in Bezug auf die Erinnerungsarbeit für eine bessere Berücksichtigung im Landeshaushalt einsetzen. Die FDP möchte den Ausbau der Neuen Bremm prüfen. Die SPD findet den Vorschlag unterstützenswert. Die finanzielle Förderung sei Sache des Landes, die bauliche Umsetzung die der Stadt Saarbrücken. Bunt.saar plädiert für die Errichtung eines zentralen Erinnerungsortes. Ob es sich dabei um die Neue Bremm handelt, geht aus dem Antwortschreiben nicht hervor. Die AfD begrüßt den Ausbau der Gedenkstätte und schlägt eine Kooperation mit französische Partnern vor. Die Finanzierung sieht sie kritisch.

  1. Erinnerungsarbeit ist Demokratiebildung. Es gilt, sie in ihrer Vielfalt und ihrem landesweiten Engagement zu unterstützen. Wie möchte ihre Partei das tun?

Die CDU setzt sich dafür ein, dass alle Schülerinnen und Schüler im Laufe ihrer Schulzeit Gelegenheit zum Besuch einer Gedenkstätte erhalten. Dafür sollen die notwendigen Kooperationen und die finanzielle Ausstattung verbessert werden. Das schließt die Verwendung neuer Formen der Vermittlung etwa durch digitale Angebote mit ein. Die Linke plädiert für innovative Unterrichtskonzepte und eine nachhaltige Gedenkstättenpädagogik. Dafür müssen die Mittel des Landeshaushalts wirksam erhöht werden. Die FDP sieht für die Erinnerungsarbeit im Sinne von Demokratiebildung Bildungseinrichtungen sowie Vereine, Verbände und Kommunen in der Pflicht. Die SPD setzte den Fokus auf Mitbestimmung in den Schulen, um Demokratie vor Ort einzuüben. Es gelte, das Bildungssystem vor dem Hintergrund der Geschichte auch für künftige Bedrohungen der Demokratie zu stärken. Bunt.saar möchte das Ehrenamt stärken und einen niedrigschwelligen Zugang zu Angeboten der politischen Bildung ermöglichen. Die AfD äußert sich nicht zu diesem Punkt.

 

Zusammenfassung:
Grundsätzlich unterstützen alle Parteien die Erinnerungsarbeit als wesentlichen Bestandteil der politischen Kultur und als wichtige Säule in der Demokratiebildung im schulischen und außerschulischen Kontext. Unterschiede ergeben sich aus der weltanschaulichen Position der Parteien und der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen in den Ausführungen. Während CDU und Linke offensiver eine bessere finanzielle Ausstattung der Erinnerungsarbeit fordern, sind FDP und SPD unter dem Vorbehalt der Haushaltslage vorsichtiger. Den Ausbau der Gedenkstätte Neuen Bremm zum zentralen Erinnerungsort unterstützen CDU, Linke und SPD. Auch die AfD unterstützt das Vorhaben. Die FDP möchte prüfen, bunt.saar äußert sich uneindeutig in Bezug zur Neuen Bremm. CDU, Linke, FDP, SPD und bunt.saar betonen die Bedeutung der Erinnerungsarbeit zur Demokratiebildung. CDU, Linke und SPD fordern konkrete Konzepte etwa den Einsatz digitaler Medien oder Mitbestimmung.

 

Für den Sprecher_innenrat: Dr. Frank Hirsch