Weltkulturerbe Völklinger Hütte/Arbeitserziehungslager Püttlingen-Etzenhofen

Im Weltkulturerbe Völklinger Hütte dokumentiert die Dauerausstellung die Zwangsarbeit in der ehemaligen Völklinger Hütte während des Zweiten Weltkriegs. Die Installation "Die Arbeiter" des Künstlers Christian Boltanski aus dem Jahr 2018 in der Sinteranlage befasst sich ebenfalls mit diesem Thema.

Foto: Zentrum für Medienbildung/LPM

Kontext

Zwangsarbeit und Industrieproduktion gehörten nicht nur in der Saarregion zusammen. Die ehemaligen Röchling‘schen Eisen- und Stahlwerke in Völklingen beuteten rund 12.000 Zwangsarbeiter vorwiegend aus Osteuropa aus. Wer sich widersetzte, kam in das von April 1943 bis Dezember 1944 bestehende werkseigene Arbeitserziehungslager, gut zehn Kilometer in nordöstlicher Richtung gelegen, in Püttlingen-Etzenhofen. Dort herrschten Willkür, Terror und Tod. Die Spuren des Lagers wurden nach 1945 getilgt.

12.000 Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und verschleppte Zivilpersonen aus Russland, Italien, Frankreich waren in der Völklinger Hütte und in deren Nebenbetrieben im Einsatz.

250 Tote, die an unmenschlichen Arbeitsbedingungen zugrunde gingen wurden auf dem Völklinger Waldfriedhof beigesetzt. Siehe dazu Dauerausstellung Zwangsarbeit bei Röchling im Weltkulturerbe Völklinger Hütte: https://voelklinger-huette.org/de/weltkulturerbe/zwangsarbeit/

Hermann Röchling, Direktor der Röchling‘schen Eisen- und Stahlwerke Völklingen, Generalbevollmächtigter für Eisen und Stahl, Mitbegründer und Vorsitzender der Reichsvereinigung Eisen, wurde unter anderem wegen der Verschleppung und Versklavung von Staatsangehörigen der besetzten Länder und Kriegsgefangenen zur Arbeit und der Duldung deren Misshandlung 1948 in Rastatt vor Gericht gestellt und zu zehn Jahren Haft verurteilt, jedoch 1951 bereits entlassen. Über die Zwangsarbeit in der Völklinger Hütte informiert vor Ort die Ausstellung „Die Röchlings und die Völklinger Hütte“.

Das Arbeitserziehungslager Etzenhofen

Die Gründung eines betrieblichen Straflagers der Röchlingschen Eisen- und Stahlwerke Völklingen erfolgte am 30. April 1943 zur Disziplinierung der ausländischen Zwangsarbeiter. Dies stand in Zusammenhang mit der Einrichtung eines betriebseigenen Schnellgerichts. Die Lagerleitung hatte die Gestapo Saarbrücken inne. Das Lager bestand aus jeweils zwei Stein- und Holzbaracken. Auf Verlangen der Gestapo stellte der Werkschutz der Völklinger Hütte die Wachmannschaften.

Im Juli 1943 gab es 5.294 ausländische Arbeitskräfte in der Völklinger Hütte, darunter 2.114 Ostarbeiter:innen und sowjetische Kriegsgefangene, das bedeutet 37 Prozent der 15.000 Beschäftigten. Im Dezember 1944 wurde das Lager nach Stilllegung der Völklinger Hütte aufgelöst. Insgesamt waren hier 1.604 Menschen interniert; die Hälfte der Häftlinge waren Frauen. Der Anteil der osteuropäischen Zwangsarbeitenden lag zwischen 30 und 60 Prozent. 

Schwerpunkt

Zwangsarbeit, NS-Lagersystem, Gestapo, Erinnerungskultur

Praktische Hinweise

Die Anlage ist barrierefrei. Aufzug zur Gichtbühne und zum Ferrodrom in der Möllerhalle, Rampen vorhanden.

Dauer

90 Minuten

Zielgruppe

Schulklassen ab Klassenstufe 9, Jugend- und Erwachsenengruppen

Kosten

Sonderkonditionen für Schulen zu erfragen unter: 06898-9100-100

Öffnungszeiten

Sommersaison (April bis Ende Oktober): 10 bis 19 Uhr
Wintersaison: (November bis März): 10 bis 18 Uhr


Kontakt

Weltkulturerbe Völklinger Hütte
Rathausstraße 75-79
66333 Völklingen
Email: visit(at)voelklinger-huette.org
Fon: 06898-9100-100
Internet: www.voelklinger-huette.org


Erreichbarkeit

Fußweg von rund zwei Minuten vom Bahnhof Völklingen


Anfahrt

Regionalexpress SÜWEX in Richtung Koblenz bzw. Mannheim; Regionalbahn RB 71, RB 70 in Richtung Trier bzw. Richtung Saarbrücken. Ausstieg „Völklingen“. Zwei Minuten Fußweg zum Weltkulturerbe durch die Unterführung. Mit dem PKW BAB 6, Abfahrt Geislautern. Kostenlose Parkplätze vorhanden.


Didaktisches Angebot


Hinweise und Möglichkeiten

  • Ein Vergleich zwischen der künstlerischen Darstellung von Jo­chen Gerz mit dem „Platz des Unsichtbaren Mahnmals“ (1993) in Saarbrücken und der Installation „Die Zwangsarbeiter“ (2018) von Christian Boltanski im Weltkulturerbe Völklinger Hütte bietet sich an.
  • Das Gestapo-Lager Neue Bremm wurde auch als Arbeitserziehungslager für Zwangsarbeitende aus Osteuropa genutzt. Die Inschriften in der Gestapo-Zelle im Saarbrücker Schloss bezeugen die Inhaftierung von Zwangsarbei­terinnen und Zwangsarbeitern aus Osteuropa. Daher empfiehlt sich ein Besuch beider Orte.
  • Im Mai 1942 wurde auf dem Völklinger Waldfriedhof für die Beerdigung verstorbener ausländischer Zwangsarbeitender ein Gräberfeld geschaffen. Dort sind auch Kriegsgefangene und aus­ländische Gefallene beigesetzt. 1949 erfolgte die Neugestaltung des Ausländerfriedhofes. Für die in Völklingen zu Tode gekom­menen russischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und die Kriegsgefangenen wurde im Jahr 1957 ein Gedenkstein errichtet. Seit 1991 trägt der Ort den Namen „Ausländergedenk­stätte“.

Literatur

  • Inge Plettenberg/Hans-Henning Krämer: Feind schafft mit...Ausländische Arbeitskräfte im Saarland während des Zweiten Weltkriegs. Ottweiler 1992
  • Wolfgang Benz/Barbara Distel (Hg.) Der Ort des Terrors. Band 9. Berlin 2009
  • Gabriele Lofti, Stätten des Terrors. In: Gerhard Paul/Klaus-Michael Mallmann (Hg.): Die Gestapo im Zweiten Weltkrieg. Bonn 2000, S. 255-269
  • Klaus-Michael Mallmann, Gerhard Paul (Hg.): Widerstand und Verweigerung im Saarland 1935 – 1945. Band 2: Herrschaft und Alltag. Ein Industrierevier im Dritten Reich. Bonn 1995
  • Wolfgang von Hippel: Hermann Röchling. 1872-1955. Ein deutscher Großindustrieller zwischen Wirtschaft und Politik. Facetten eines Lebens in bewegter Zeit. Göttingen 2018